Grüne Main-Spessart gehen neue Wege: Erstmals wieder Haustürwahlkampf

Auftakt der Grünen zum Haustürwahlkampf am 14.10.2025 in Karlstadt mit Bundestagsdirektkandidat Peter Weis, Helga Gößmann, Verena Frey, Jonas Rodi und Patricia Amersbach, Foto: Gerhard Kraft

Direktes Gespräch, ehrliche Begegnungen und nicht nur Fans – ein wichtiger Schritt für mehr Bürgernähe.
Erstmals seit über 30 Jahren haben sich die Grünen im Landkreis Main-Spessart für den Haustürwahlkampf entschieden. Engagierte Mitglieder und Unterstützende zogen durch Städte und Gemeinden, klingelten an Haustüren und suchten den Austausch.

„Diesmal wollten wir es wissen und uns noch stärker engagieren“, erklärt Helga Gößmann, Sprecherin des Grünen-Ortsverbands Arnstein. „Wir wollten Politik ein Gesicht geben und zeigen: Wir sind vor Ort, hören zu, sind nahbar.“

Persönlicher Kontakt statt Distanz

Ab dem 14. Januar waren die wechselnden Teams an allen Samstagen unterwegs – vier bis fünf Stunden lang. Insgesamt beteiligten sich rund 15 aktive Haustürwahlkämpferinnen und -kämpfer. Auch Peter Weis, Direktkandidat der Grünen für Main-Spessart, machte mit.
Am meisten beeindruckt war Weis von der Überraschung der Menschen. Weis: „Die waren erstaunt, dass wir uns wirklich für ihre Anliegen interessieren.“ Gerade in Zeiten von Politikverdrossenheit sei der persönliche Kontakt eine starke Brücke, um Vertrauen zurückzugewinnen.

Gemischte Reaktionen – aber überwiegend positive Erfahrungen

Die Resonanz an den Haustüren war vielfältig. Viele Menschen hätten sich dankbar für den persönlichen Kontakt gezeigt, so die Grünen. Andere lobten das Engagement, bekundeten ihre Unterstützung und boten Kaffee an.
Sandra Haedge aus Karlstadt schildert die Begegnung mit einer Familie mit Migrationshintergrund: „Nachdem wir erklärt haben, dass es wichtig ist, wählen zu gehen, nahm der Familienvater das Infomaterial zu Tränen gerührt und mit leuchtenden Augen entgegen. Dieses Bild werde ich nie vergessen.“

Dialog – auch und vor allem mit Andersdenkenden

Nicht alle Türen öffneten sich mit einem Lächeln – doch genau diese Begegnungen gehören für die Grünen zur demokratischen Auseinandersetzung dazu. „Natürlich trifft man nicht nur auf Fans“, so Verena Frey, Kreisvorsitzende der Grünen aus Karlstadt. Aber gerade deshalb sei es wichtig, vor Ort zu sein, zuzuhören und den Dialog zu suchen. Frey meint, sie habe etwa hinter jeder fünften Tür eine deutliche Ablehnung gespürt.

Politische Meinung der Männer beeinflusst deren Partnerinnen

Neben der Vielfalt der Begegnungen fiel den Grünen noch ein anderes gesellschaftliches Muster auf: Frauen stehen in ihren politischen Entscheidungen teils noch immer unter dem Einfluss ihrer Männer; oder verlassen sich auf deren Meinung. „Wir haben aufgeschlossene Frauen neben ihren ablehnenden Partnern erlebt“, so die Karlstadterin. Eine ältere Dame, deren Ehemann kürzlich verstorben war, zitiert Frey wie folgt: „Mein Mann hat sich sonst immer mit Politik beschäftigt. Jetzt muss ich mich wohl selbst damit auseinandersetzen.“

Engagement aus Überzeugung: Warum die Grünen aktiv wurden

Den Grünen war es wichtig, auf Augenhöhe zu sprechen – unabhängig von der politischen Einstellung ihrer Gegenüber. Viele Menschen äußerten dabei ein Gefühl der Ohnmacht und das Empfinden, von der Politik nicht wahrgenommen zu werden.

„Genau dieses Gefühl der Distanz wollen wir durchbrechen“, sagt Neumitglied Patricia Amersbach aus Retzstadt. Ein freundliches Lächeln an der Haustür könne mehr bewirken als jede Hochglanzbroschüre. Auch Kai Simon Fraunhofer aus Adelsberg ist überzeugt, dass direkte Begegnungen Menschen motivieren, sich selbst stärker politisch einzubringen.

Hedda Coulon aus Marktheidenfeld beschreibt ihre Motivation besonders eindringlich: „Wenn ich als Einzelne vielleicht nicht viel bewegen kann – ich will zumindest meinen Beitrag leisten.“ Die Vorstellung, eines Tages in einer Diktatur aufzuwachen und sich vorwerfen zu müssen, nichts unternommen zu haben, treibe sie an.

Für Verena Frey steht fest: „Der direkte Kontakt ist durch nichts zu ersetzen. Wir werden wieder klingeln gehen!“ Dank vieler neuer Mitglieder wolle man künftig noch mehr Menschen erreichen – und ihnen vor allem zuhören.