Rede im Kreistag zum Kreishaushalt 2024

von: Gerhard Kraft, Fraktionsvorsitzender Bündnis 90/DIE GRÜNEN im Kreistag Main-Spessart

Sehr geehrte Frau Landrätin, werte Kolleginnen und Kollegen,

herzlichen Dank an Herrn Hubrich und sein Team, für die Erstellung und ausführliche Erläuterung des Kreishaushaltes in der grünen Fraktion und an die gesamte Verwaltung für die Erstellung des Zahlenwerks.

2024 – ein guter Haushalt – Ausblick: eine eher angespannte Haushaltslage

Trotz erheblicher zusätzlicher Belastungen wie z.B.: 0,9 Millionen Euro höhere Krankenhausumlage oder die um ca. 1,9 Millionen steigenden Personal- und Versorgungsaufwendungen sowie eine Steigerung um 1,1 Millionen Euro bei der Schülerbeförderung und 1,3 Mio. bei der Jugendhilfe plus die um 1,5 Mio. gestiegenen Kosten beim ÖPNV, können wir den Kreisumlage-Hebesatz um einen Prozentpunkt von 47,5 auf 46,5 Prozentpunkte senken. Und die geplante Neuverschuldung bleibt mit 16,1 Mio. € dieses Jahr noch einigermaßen im Rahmen, weil unsere Leistungsfähigkeit (Steuer- und Umlagekraft) auf der anderen Seite sehr hoch ist. Bedingt durch die vielen Investitionen (Neubau Klinikum, Schulen usw. ich komme später noch drauf) werden sich die Kreditaufnahme in der mittelfristigen Finanzplanung und der Schuldenstand perspektivisch stetig erhöhen. 

Personalentwicklung und Kosten

Die Steigerungen um 1,6 Millionen Euro beim Personal sind zum großen Teil durch Tariferhöhungen und im geringen Maße auch durch Stellenmehrungen zu erklären. Tariferhöhungen und Beförderungen machen ca. 88% und die Stellenmehrungen ca. 9% aus. Auch in diesem Jahr müssen wir erneut nachsteuern. Die Aufgaben nehmen weiterhin zu. 

Wir haben, nachgewiesenermaßen den kleinsten Personalkörper im unterfränkischen Landkreis-Vergleich. Die Zahl der Überstunden hat sich in den letzten Jahren mehr als verdoppelt. Hier hat der Kreistag auch eine Fürsorgepflicht und wir müssen ggf. jährlich nachsteuern und wo nötig, weitere neue Stellen ausweisen und besetzen.

Leider kommt der Freistaat bei der Besetzung der Stellen für das staatliche Landratsamt seiner Pflicht schon seit Langem nicht nach. Derzeit sind zwischen 3-4 VK (Vollkräfte) nicht besetzt und müssen teilweise mit Kreispersonal besetzt werden. Das kostet uns viel Geld. Die Bemessungsgrundlagen haben sich hier seit Jahrzehnten nicht geändert, so dass grundsätzlich zu wenige Stellen durch Staatsbedienstete besetzt sind. 

Vielen Dank an die Herren Widmer und Streitenberger an dieser Stelle, für die Erläuterungen gegenüber den Gremien. Personalentwicklung ist heute wichtiger denn je. Gut ist es die Ausbildung von Nachwuchskräften zu forcieren, um künftig überhaupt noch Fachleute zu bekommen. 

Die Prioritätensetzung muss ins Lot kommen

Die Absenkung der Investitionen in die Kreisstraßen auf 3,42 Millionen Euro in 2024 und damit in etwa auf das Niveau von 2023, zeigt grundsätzlich in die richtige Richtung. 

Seit Jahrzehnten fordern wir GRÜNE hier eine Priorisierung gegenüber den Hochbaumaßnahmen. Wir brauchen eine neue Prioritätensetzung weg von den Straßen hin zu den Schulen und der Hochbauinstandhaltung. Das heißt überhaupt nicht, dass notwendige Kreisstraßensanierungs- oder Sicherungsmaßnahmen gerade im Unterhalt, um größere Schäden und damit Investitionen zu vermeiden, unterlassen werden sollten. Auch den Ausbau der Ortsdurchfahrten im Rahmen von Maßnahmen der Kommunen, um die Verkehrssicherheit zu verbessern, halten wir weiterhin für geboten. Aber alles bitte im Rahmen der Leistungsfähigkeit und der Priorisierung. Es muss ganz klar faktenbasiert und nach Dringlichkeit priorisiert werden. 

Mit nur noch rund 2,8 Mio. € fällt der Bauunterhalt im Vergleich, auf den niedrigsten Wert seit 2018! Das kann auch schiefgehen und noch höhere Folgenkosten erzeugen. Allerdings sind wir uns sicher, dass die Bauverwaltung unseren immer älter werdenden Gebäudebestand genau im Blick hat. 

Die finanziellen Herausforderungen liegen nicht im Haushaltsjahr 2024, sondern ganz klar im Finanzplanungszeitraum bis 2027 und darüber hinaus. Der Grund für diese wahrlich nicht einfache Aufgabe, liegt neben den weiter steigenden Betriebs-, Unterhalts- und Personalkosten vor allem in dem enormen Investitionsbedarfder kommenden Jahre. Über die bereits begonnenen Baumaßnahmen wie der Sanierung des Friedrich-List-Gymnasiums, dem Ersatzbau für die Main-Spessart Turnhalle oder dem Neubau des Zentralklinikums hinaus, sind bereits heute weitere erhebliche Investitionen absehbar: z.B. das Förderzentrum in Karlstadt, das Schulzentrum in Marktheidenfeld, die Sanierung der Erwin-Amann-Halle oder ein Katastrophenschutzzentrum für Main-Spessart.

Niemand kann heute seriös abschätzen, was an konkreten Investitionssummen auf uns zukommt, dennoch ist es bereits heute offenkundig – und daher will ich das deutlich hervorheben – der Erhalt der dauernden finanziellen Leistungsfähigkeit unseres Landkreises und unserer Städte und Gemeinden wird es zwingend erforderlich machen, die Investitionsmaßnahmen zu priorisieren und in einer Rangfolge nach und nach abzuarbeiten. Schauen wir den Tatsachen ins Auge: Anders lässt sich der enorme Investitionsbedarf kommender Jahre nicht abbilden. 

Zu fragen ist dann freilich: Auf welcher Grundlage soll eine Rangfolge gebildet und eine Priorisierung vorgenommen werden? Wollen wir – wie sicherlich das ein oder andere Mal in früheren Jahren geschehen – ein Regionalproporz heranziehen, vielleicht sogar in das Denken in Altlandkreisen zurückfallen, oder wollen wir den durchaus mühsam eingeschlagenen, aber absolut lohnenswerten Weg fortsetzen und unseren Landkreis, gerade wegen seiner großen Vielfalt, als eine starke Einheit begreifen, die dann am meisten profitiert, wenn wir nicht fragen, wann hat eigentlich der Landkreis zuletzt etwas für diese oder jene Gemeinde, Stadt oder Region getan, sondern wir fragen, was ist das Beste für Main-Spessart und uns alle, die wir hier leben?

Sehr geehrte Frau Landrätin, werte Kolleginnen und Kollegen des Kreistages, meine sehr verehrten Damen und Herren, 

sie können es meinen Worten bereits entnehmen, wie die Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN diese Frage beantwortet. Wir plädieren klar dafür, eine Priorisierung der geplanten Investitionen vorzunehmen, die auf sachlich und fachlich fundierten, klar definierten und gemeinschaftlich akzeptierten Kriterien beruht und damit unmissverständlich das Wohl unseres gesamten Landkreises und aller Menschen in Main-Spessart im Blick hat. Wir schlagen vor, einen solchen Kriterienkatalog durch die Verwaltung aufzustellen und mit dem Kreistag abzustimmen. Auf dieser Grundlage könnten Kreisverwaltung und Kreistag z.B. im Rahmen einer weiteren Klausur eine Rangfolge für die künftigen Jahre festlegen, die die dauernde Leistungsfähigkeit von Landkreis und Kommunen berücksichtigt. Es ist ein Plädoyer dafür, den großen Herausforderungen der Zukunft mit Gemeinsinn und Geschlossenheit zu begegnen. Das ist aus unserer Sicht der einzig langfristig erfolgversprechende Weg.

Schulen

Es ist wirklich angezeigt weiterhin in die Schulbaumaßnahmen zu investieren. Das FLG Gemünden muss noch abgeschlossen werden. Hier sind derzeit noch weitere 30 Millionen Euro in der mittelfristigen Finanzplanung vorgesehen. Die Maßnahme war in Verzug geraten. Erhebliche Kostensteigerungen waren dann die Folge. Der Bau muss nun zügig fortgesetzt und schnell zu Ende gebracht werden. 

Schulzentrum Marktheidenfeld: Für den Neubau der Main-Spessart-Halle sind im Haushalt 2024 750.000 Euro und in den Folgejahren nochmals rund 12 Millionen Euro in der mittelfristigen Finanzplanung enthalten. Für die Projektplanung der Realschule und fürs Gymnasium sind je weitere 200.000 Euro vorgesehen. Der Anfang ist also gemacht.

Nicht groß investiert wurde in den letzten Jahren z.B. in die Realschule Arnstein, hier sind jetzt für die notwendige Erneuerung der Freisportanlagen 300.000 € und 25.000 Euro für die Überdachung der Außenklassenzimmer vorgesehen. Der Rechnungsprüfungsausschuss hatte u.a. diese Schule in Augenschein genommen.

Vor allem ist bei der Förderschule in Karlstadt sehr großer Handlungsbedarf. Eine Förderschule, die nicht einmal durchgängig barrierefrei ist! Hier sind lediglich die allgemeinen Unterhaltsleistungen und für eine Machbarkeitsstudie 100.000 € für einen notwendigen Neubau im Haushalt 2024 eingestellt. Auch da werden wir nicht umhinkommen, zeitnah mehr Mittel vorzusehen. Der bauliche Zustand ist wirklich besorgniserregend. Das dauert alles schon viel zulange. 

Leitbild MSP

Wir freuen uns sehr, dass das von uns angestoßene Leitbild MSP im vergangen Jahr mit einem Beschluss des Kreistages verabschiedet wurde. Das Leitbild sollte für uns Orientierung für die Priorisierung der Projekte und Aufgaben in der Zukunft bieten. Dazu wäre die weitere Arbeit an den formulierten Zielen im Ausschuss für Landkreisentwicklung, Mobilität und Digitalisierung in diesem Jahr notwendig, um konkrete Konzepte und Umsetzungspläne zu erhalten. 

Erst jüngst konnten wir in der Veröffentlichung einer Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung entnehmen, wo es im Landkreis krankt und es Handlungsbedarfe gibt.

Es sind die Themen, die wir GRÜNE schon seit vielen Jahren immer wieder auf die Tagesordnung heben:

„Herausforderung 1: Digitale Infrastruktur liegt im deutschlandweiten Vergleich am unteren Ende“

Hierzu haben wir am 24.09.2020 einen entsprechenden Antrag gestellt, um den Landkreis zukunftsfähig zu machen. Die Verwaltung hat die Punkte Digitale Akte, digitale Antragsstellung und Forcierung der Digitalisierung in allen Landkreiseinrichtungen aufgegriffen und setzt das auch Schritt für Schritt um, u.a. daher auch die Kostenansätze für „EDV“ im Kreishaushalt und im Wirtschaftsplan des Eigenbetriebs Klinikum MSP. Im eigenen Wirkungskreis wurde das Thema angepackt und wird vorangetrieben. Das ist gut so.

Aber bei der Versorgung mit leistungsfähigen Glasfaseranschlüssen in den Städten und Gemeinden in der Fläche, hinkt MSP den Bundesdurchschnitt weit hinterher. Hier kann der Landkreis den Kommunen allerdings nur unterstützend zur Seite stehen. Es tut sich ja durchaus schon was in den Kommunen, auch wenn es oft zu Konflikten bei der Bauausführung gekommen ist. 

Zitate aus unserem Antrag dazu: (s. Anlage)

„Herausforderung 2: Geringer Ausbau von erneuerbaren Energien im Landkreis“

Versorgung des Landkreises durch erneuerbare Energie: Einen Antrag von uns dazu gab es schon im Jahr 2010. Leider hat sich bisher zu wenig getan, um die im Konzept vorgesehenen Ziele zu erreichen. Wir müssen neue, große Anstrengungen unternehmen.

Als richtigen Weg dazu sehen wir die Gründung eines Regionalwerks mit der Ausrichtung als Kommunalunternehmen. Die Entscheidungen und er Einfluss auf die Projekte müssen in kommunaler Hand liegen. 

Erstes Ziel muss die Flächensicherung für Windparks und Flächen-Solaranlagen für eine kommunale Projektgesellschaft sein. Zweites Ziel ist das Verbleiben der Wertschöpfung – möglichst zu 100% im Landkreis – keine Abschöpfung von außen. Drittens: Sicherstellung von aktiver Bürgerbeteiligung (Kauf von Anteilen an Projekten) und die Einbindung der schon vorhandenen Bürgerenergiegenossenschaften u.a. in: Arnstein, Frammersbach, Retzstadt und Zellingen. 

„Herausforderung 3: Unterdurchschnittliche Mobilitätsinfrastruktur in Main-Spessart“

Bessere Angebote im ÖPNV: Forderungen diesbezüglich von uns GRÜNEN gibt es schon seit Jahrzehnten. Langsam verbessert sich nun das Gesamtangebot in MSP. Mit der Neuordnung und Ausschreibung der Bus-Linienbündel und Ergänzung der Linien durch Rufbusangebote oder aber auch die Stadtbusse in Lohr und Marktheidenfeld, die Bürgerbusse in Kreuzwertheim und bald auch in Karlstadt. Hier dürfen wir keinesfalls nachlassen. 

Wichtige Themen: (hier nur als Stichpunkte)

Reaktivierung der Bahnstrecke Lohr Bhf. – Lohr Stadt/Gewerbegebiet und vor allem auch die Wiederaufnahme des Schienenpersonen-Nahverkehrs auf der Werntalbahn.

Werte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Frau Landrätin, 

die Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN im Kreistag Main-Spessart wird dem Kreishaushalt mit Stellenplan zustimmen.

Danke schön.

Die Rede wurde vom Fraktionsvorsitzenden der Grünen Fraktion, Gerhard Kraft, vorgetragen.